Ein "gutes und gerechtes" Patentsystem zu schaffen, war von Anfang an ein Gründungsgedanke des EPA. Das neue Patentsystem
mit dem komplizierten, mehrstufigen Verfahren und den im Europäischen Patentübereinkommen verankerten höchsten Rechtsstandards hatte ausdrücklich die Förderung der Innovation in Europa zum Ziel. Das in den 1970er-Jahren
erarbeitete System erfüllte schon damals alle Voraussetzungen, um ein Vorbild für die Patentqualität von heute zu werden.
Sein Erfolg spricht für sich: die Nachfrage nach den Leistungen des Amts steigt ständig; 2014 wurden 274 000 Patentanmeldungen
beim EPA eingereicht; 40 % der weltweiten internationalen Recherchen und die Hälfte aller internationalen vorläufigen Prüfungen
nach dem PCT wurden vom EPA durchgeführt.
Das EPA genießt heute für die Qualität seiner Produkte und Dienste einen exzellenten Ruf unter IP-Spezialisten weltweit. Seine hoch qualifizierten Prüfer, d. h. über 4 000 Ingenieure und Wissenschaftler, recherchieren und prüfen die Anmeldungen unter Verwendung modernster Tools und effizienter Prozesse, um am Ende hochwertige Patente zu erteilen, die sich durch ihre Bestandskraft auszeichnen und für die Entscheidungen von Erfindern und Investoren auf der ganzen Welt eine zuverlässige Basis bieten.
Die steigende Nachfrage nach Patenten stellt das EPA vor besondere Herausforderungen hinsichtlich Verfahren und Verwaltung: insgesamt sind ständig rund 750 000 Akten anhängig - die jährlich zu 5 Millionen Interaktionen führen, einschließlich Anfragen, Recherchen und Prüfungen, Akten- und Statusaktualisierungen, Gebühren und Verwaltung, Verfolgung von Anmeldungen und diversen Erinnerungen. Das EPA unternimmt alles, um sein Arbeitsaufkommen mit steigender Qualität, Effizienz, Pünktlichkeit und Kontinuität zu bewältigen, und hat dazu moderne elektronische Kommunikationsprozesse und -tools eingeführt; die Verbesserung der internen Abläufe steht dabei im Mittelpunkt.
2014 wurde das Qualitätsmanagementsystem des EPA für den Patenterteilungsprozess nach dem internationalen Qualitätsstandard ISO 9001 zertifiziert. Neue Kontrollsysteme verbessern
die Identifizierung, Berichtigung und Verwaltung nicht konformer Produkte, um die kontinuierliche Verbesserung der Qualität
von Produkten und Diensten sicherzustellen. Diese Prozesse werden durch eine Reihe von Schlüssel-Leistungsindikatoren unterstützt - z. B. Ergebnisse von Nutzerumfragen, interne Audits und operative Qualitätskontrollen zur Überwachung der Fortschritte
und einer angemessenen Priorisierung.
"Wir wissen, dass die Qualität unserer Produkte gut ist, doch selbstzufrieden zurücklehnen können wir uns nicht. Die Zertifizierung nach ISO 9001 ist eine Anerkennung für unser neues Qualitätsmanagementsystem, das wir künftig aber dennoch regelmäßig überprüfen werden," so Jörg Machek, Direktor Qualitätsanalysen und Qualitätsstrategie im EPA.
Mit dem Programm "Early Certainty from Search" hat das EPA 2014 außerdem ein neues internes Prioritätssystem eingeführt, um Verzögerungen vorzubeugen. Im Rahmen dieses Programms bemüht sich das EPA, alle Recherchenberichte und schriftlichen Stellungnahmen zur Patentierbarkeit innerhalb von sechs Monaten nach der Einreichung zu erstellen; außerdem versucht es, einen termingerechten Abschluss der beschleunigten Prüfung sicherzustellen. Das neue Programm kommt insofern allen Unternehmen und Erfindern zugute, die Patentschutz in Europa beantragen, als alle Recherchenberichte und Stellungnahmen zu ihren Anmeldungen zeitnah erstellt werden und somit schon frühzeitig eine solide Grundlage für ihre Patentstrategien gelegt wird. Auch die allgemeine Öffentlichkeit wird profitieren, weil die Transparenz anhängiger Patentrechte in Europa verbessert wird und bereits früh im Verfahren umfassende Informationen über den Stand der Technik und die Patentierbarkeit zur Verfügung stehen.
Natürlich hängt die Qualität eines Patents auch davon ab, ob die einschlägige Dokumentation zugänglich ist und der relevante
Stand der Technik abgerufen, geprüft und angeführt werden kann. Die Gemeinsame Patentklassifikation CPC, die das EPA in Zusammenarbeit mit dem Patent- und Markenamt der Vereinigten Staaten entwickelt hat
beruht auf den internen Klassifikationsstandards des EPA und bietet ein effektives Klassifikationssystem zur effizienten Dokumentenabfrage.
Die wachsende Beliebtheit der CPC bei vielen Patentämtern auf der ganzen Welt einschließlich des Staatlichen Amts für geistiges
Eigentum der Volksrepublik China zeigt, dass die CPC in Sachen Klassifikation künftig Weltstandard sein wird.
Stand der Technik aus Asien - insbesondere aus Japan, Korea und China - nimmt rasch an Volumen und Bedeutung zu. Espacenet, die EPA-Datenbank des Stands der Technik, enthält über 90 Millionen Patentdokumente, und die Prüfer greifen bei Bedarf zusätzlich auf andere wichtige Datenquellen zu, sodass das EPA eine größere Bandbreite von relevanten Dokumenten anführt als alle anderen Ämter, wobei 20 % der angeführten Dokumente aus asiatischen Quellen stammen. Mithilfe der Fortschritte bei Übersetzungstools wie Patent Translate wurden Sprachbarrieren deutlich reduziert. Der Dienst Patent Translate bietet die direkte maschinelle Übersetzung aus und in 32 Sprachen; abgedeckt werden vor allem die 28 Sprachen der EPO-Mitgliedstaaten sowie Chinesisch, Japanisch, Koreanisch und Russisch. Bis zu 20 000 Mal am Tag wird der Dienst von Nutzern und Patentämtern aus der ganzen Welt in Anspruch genommen.
"Qualität ist das zentrale Ziel für alle Mitarbeiter des EPA. Damit wir dieses Ziel erreichen, brauchen wir die besten Köpfe
und die besten Tools, und eine von Qualitäts- und Dienstleistungsorientierung geprägte Organisationskultur ", so Karin Seegert, Hauptdirektorin Industrielle Chemie/Polymere im EPA.
Unsere Qualitätspolitik erstreckt sich auch auf unsere wichtigste Ressource: die Mitarbeiter. Das EPA pflegt strenge Rekrutierungsstandards, um sicherzustellen, dass die Mitarbeiter für die hohen Anforderungen einer Tätigkeit im Amt geeignet sind. Die Patentprüfer des EPA verfügen daher über ausgezeichnete Qualifikationen in Ingenieur- oder Naturwissenschaften, viele haben promoviert. Gezielte Einstellungskampagnen helfen dem EPA, auf sich rasch entwickelnden Gebieten der Technik seinen Personalbedarf zu decken und damit langfristig fachliche Kompetenz zu sichern.
Die Zahl der Patentanmeldungen, die bei den fünf größten Patentämtern der Welt (EPA, SIPO, JPO, KIPO und USPTO) gleichzeitig
eingereicht werden, steigt ständig. Die Verbesserung der Patentqualität ist daher ein strategisches Ziel unserer Partnerschaft
mit diesen Ämtern. Die Vorgehensweise und die Fachkenntnis des EPA im Bereich Praxis und Verfahren sind sehr gefragt. Die
Gemeinsame Patentklassifikation und Tools wie die spezialisierte Suchmaschine EPOQUE werden von verschiedensten Patentämtern
rund um den Globus genutzt. Das EPA ist bei vielen dieser Projekte auf bilateraler und multilateraler Ebene führend. So macht
es sein Konzept der Patentqualität gewissermaßen zu einer europäischen Softpower, in der die Ziele der EPO-Gründungsväter
auch auf internationaler Ebene zum Tragen kommen.