Patentämter weltweit haben Anstrengungen unternommen, um ihre
Kapazitäten zu steigern und die Qualität ihrer Produkte und Dienstleistungen für
die Nutzer auf dem weltweiten Markt für Technologie und Innovation zu
verbessern. Das bedeutet auch, dass Erfinder und Unternehmen
heutzutage mehr Wahlmöglichkeiten bei der Entscheidung haben, wo man sein
Patent anmeldet und welches Patentamt man nutzt. Das weltweite Patentsystem
muss heute eine zunehmende technologische Komplexität meistern, was wiederum
vermehrtes Fachwissen und die Fähigkeit erfordert, die stetig wachsende Zahl
der Patentanmeldungen zu bearbeiten: Gemäß den WIPO-Indikatoren für das
geistige Eigentum wurden 2015 weltweit 2,9 Millionen
Patentanmeldungen eingereicht - das ist ein Zuwachs von 7,8 % gegenüber
2014 und im sechsten Jahr in Folge ein Anstieg bei den Anmeldezahlen. Das EPA
konnte in den letzten fünf Jahren eine kontinuierlich steigende Nachfrage nach
europäischen Patenten verzeichnen. Wie der Jahresbericht des EPA zeigt, sind
2016 im Amt fast 160
000 europäische Patentanmeldungen eingegangen, das entspricht dem Rekordwert vom Vorjahr.
Um seine Rolle
als führendes Patentamt zu sichern, muss sich das EPA an externe Bedingungen
anpassen. Gemäß dem Auftrag unserer 38 Mitgliedstaaten hat das Amt in den letzten fünf Jahren
eine Reihe weitreichender Reformen durchgeführt, um seinen Auftrag zur
Unterstützung von Erfindern und Innovation in Europa zu erfüllen. Diese
Reformen zielen darauf ab, eine solide Grundlage für die Zukunft des EPA zu schaffen
und die Rolle des Amts als relevante, serviceorientierte Organisation und als
führender Akteur auf seinem Gebiet zu wahren.
Das EPA hat sich einen ausgezeichneten Ruf mit Produkten und Dienstleistungen erworben, die als weltweite Richtschnur für Qualität gelten, was einer der Gründe für die Attraktivität des EPA ist. Die Reformen zielten deshalb vor allem darauf ab, unsere Leistung durch die Einführung einer Qualitäts- und Effizienzpolitik weiter zu steigern, damit Patente möglichst frühzeitig erteilt werden und so die Rechtssicherheit im europäischen Patentsystem deutlich verbessert wird.
Ein zentrales Element
bei der Verbesserung der Pünktlichkeit ist das neue Konzept "Early Certainty", in dessen Mittelpunkt die rasche Lieferung
von Verfahrensergebnissen an die Anmelder steht. Diese können somit früh im
Erteilungsprozess eine fundierte Entscheidung darüber treffen, ob sie ihre
Anmeldung im EPA weiterverfolgen wollen. Wie die Ergebnisse der jährlichen Qualitätsprüfung
des EPA zeigen, hat das Amt sein ehrgeiziges Pünktlichkeitsziel im Bereich
Recherche sogar übertroffen und seine Recherchen im Schnitt in 5,2 Monaten
durchgeführt. Daneben hat das Amt die Bearbeitung von Erstbescheiden im
PCT-Verfahren beschleunigt.
Mit der neuen Initiative "Early Certainty from Examination" soll nun die Bearbeitungsdauer bei der Prüfung beschleunigt werden, während "Early Certainty from Opposition" auf eine verkürzte Dauer des Einspruchsverfahrens in Standardfällen abzielt. Das sind unsere Aufgaben für die nächsten Jahre.
Wir sorgen nicht
nur für eine pünktliche Lieferung unserer Produkte, sondern wollen auch
sicherstellen, dass europäische Patente höchste Bestandskraft genießen. Das Qualitätsmanagementsystem des EPA zielt genau darauf ab: als integriertes
Konzept für Qualität liegt sein Schwerpunkt auf der Überwachung unserer
Prozesse und der regelmäßigen Überprüfung der Ergebnisse nach verschiedenen
Qualitätskriterien. Es umfasst den gesamten Patenterteilungsprozess von der
Recherche und Sachprüfung bis hin zu Einspruch, Beschränkung und Widerruf, Patentinformation
und Post-Grant-Aktivitäten. Seit 2015 ist es auch vollständig nach ISO 9001
zertifiziert.
Unsere Investitionen in die Qualität werden bestätigt durch die Indikatoren, die regelmäßig im Jahresbericht des EPA veröffentlicht werden und die zeigen, dass die meisten Kunden "zufrieden" oder "sehr zufrieden" mit den Dienstleistungen in den Bereichen Recherche, Sachprüfung und Patentverwaltung sind. Die Qualitätsindikatoren für 2016 erreichten dasselbe hohe Niveau wie im Vorjahr. In Sachen Pünktlichkeit des Patenterteilungsverfahrens und Kundenbetreuung waren für 2016 ebenfalls gute Ergebnisse zu verzeichnen.
Aber nicht nur die vom EPA durchgeführten Umfragen waren positiv: auch in externen Umfragen wie der Benchmarking-Studie 2016 des Intellectual Asset Management Magazine (IAM) erreichte das Amt erneut den Spitzenplatz unter den weltweit größten Patentämtern in Bezug auf die Qualität seiner Patente und Dienstleistungen.
Um die
kontinuierliche Verbesserung seiner Dienstleistungen zu gewährleisten und
sicherzustellen, dass die Reformen aus Sicht der Nutzer auf gutem Wege sind, hat
das EPA weitere Maßnahmen ergriffen, um Feedback von den Nutzern einzuholen. Durch unser Programm
"Praktika extern", bei dem EPA-Prüfer Praktika in Unternehmen absolvieren,
erhalten wir direktes Feedback zu Aspekten wie der Qualität und der Effizienz unserer
Verfahren. Mehr als 100 Unternehmen haben Interesse an dem Programm
geäußert. Es ergänzt den Konsultationsprozess mit den Nutzern, in dessen Rahmen
regelmäßige Treffen des EPA-Präsidenten mit Nutzergruppen und Verbänden aus
aller Welt stattfinden, um Informationen aus erster Hand über die
Dienstleistungen des Amts zu liefern und um Anregungen und Feedback der Nutzer im
Hinblick auf Verbesserungen einzuholen. Beispielsweise hat das EPA letztes Jahr
sein erstes Seminar außerhalb Europas über
Informations- und Kommunikationstechnologie in den USA organisiert, in dem vor allem die Aspekte der Einreichung
und Verfolgung von Patentanmeldungen im Amt behandelt wurden.
Der Grund für
unsere Reformprojekte war nicht nur der rasante äußere Wandel, sondern auch die
zunehmende Bedeutung von geistigen Eigentumsrechten als Motor für
Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze in der Wissenswirtschaft. Das EPA bietet
heute wirksamen Patentschutz in bis zu 42 Ländern innerhalb und außerhalb
Europas und deckt einen Markt von über 650 Millionen Einwohnern ab. Wie
unsere gemeinsame Studie mit dem Amt der
Europäischen Union für geistiges Eigentum über die Auswirkungen von IP-Rechten auf die
europäische Wirtschaft zeigt, gehen 42 % der Wirtschaftsaktivität in der
EU insgesamt (rund 5,7 Billionen EUR pro Jahr) auf Industriezweige zurück,
die intensive Nutzer von Patenten, Marken, eingetragenen Geschmacksmustern und
Urheberrechten sind, so etwa den Arzneimittel-, den Biotechnologie- und den
Transportsektor. Ferner werden 38 % aller Arbeitsplätze in der EU
(82 Millionen Stellen) in diesen schutzrechtsintensiven Industrien
geschaffen, die auch 90 % der Importe und Exporte in der EU ausmachen und
einen Handelsüberschuss von 96 Mrd. EUR erwirtschaften. Dies macht Europa
zu einer echten Innovationsdrehscheibe auf globaler Ebene.
Um diese
wirtschaftliche Dynamik zu stützen, hat das EPA interne Reformen durchgeführt und
daran gearbeitet, sein Konzept eines qualitätsbasierten Patentsystems international
zu verbreiten. Das EPA arbeitet beispielsweise eng mit den IP5-Ämtern zusammen
(Zusammenschluss der Patentämter Chinas, Japans, Koreas, der USA und des EPA), um
die Verfahren anzupassen und für Erfinder zu vereinfachen, die an Patentschutz
weltweit interessiert sind. Gleichzeitig arbeiten die IP5-Ämter daran, die Qualität
des Patentsystems auf globaler Ebene zu sichern. Auch bilateral unterhält das
EPA enge Verbindungen zu seinen Partnern. Mit der Unterstützung des EPA hat China
ein modernes Patentsystem entwickelt, das vieles mit dem europäischen Patentsystem
gemeinsam hat. Das EPA und China sind heute strategische Partner bei der
Entwicklung eines qualitätsbasierten globalen Patentsystems. Das EPA ist ein
erfolgreiches Vorbild für viele andere Länder und Regionen weltweit,
insbesondere auch für Lateinamerika und die ASEAN-Länder.
Mit seinen Reformen und seiner Verpflichtung zur Qualität trägt das EPA somit dazu bei, die richtigen Bedingungen für Innovation über Europa hinaus zu schaffen, und stellt damit seine nachhaltige Zukunft als internationale Organisation sicher. Für das nächste Jahr sind weitere Schritte in diese Richtung geplant. In der Vorausschau scheint es durchaus realistisch, dass das europäische Patent 2017 durch das Validierungsabkommen mit Kambodscha weit über seinen unmittelbaren Geltungsbereich hinaus erweitert wird.
2017 wird ein bedeutendes Jahr für den gewerblichen Rechtsschutz in Europa, denn schließlich wird mit dem einheitlichen Patent ein neues Patent für 26 EU-Mitgliedstaaten eingeführt. Nach drei weiteren Ratifizierungen des Übereinkommens über ein Einheitliches Patentgericht 2016 und einer erneuten Zusage des Vereinigten Königreichs, dieses im ersten Halbjahr 2017 zu ratifizieren, dürfte mit der Einführung des einheitlichen Patents bis Dezember zu rechnen sein.
Das für seine Verwaltung zuständige EPA ist bereits für die Erteilung des ersten einheitlichen Patents gerüstet. Mit einer einzigen Jahresgebühr, finanziellen Einsparungen gegenüber dem klassischen europäischen Patent, vereinfachter Verwaltung und einer zentralen Gerichtsbarkeit (EPG) wird das einheitliche Patent unternehmensfreundlichen Patentschutz und mehr Rechtssicherheit für Erfinder überall bieten.
Das Patentsystem entwickelt und erneuert sich - und das EPA ebenso.