Jahresbericht 2016

Beschwerdekammerreform

Als gerichtliches Organ des EPA kommt den Beschwerdekammern eine bedeutende Rolle im europäischen Patentsystem zu. Letztes Jahr wurde eine Reihe von Reformen beschlossen, um die managementbezogene Autonomie der Beschwerdekammern zu stärken, die Wahrnehmung ihrer Unabhängigkeit zu verbessern und ihre Effizienz zu erhöhen.

Boards of appeal reform


So legte das Amt im Juni 2016 einen Vorschlag für eine umfassende Strukturreform der Beschwerdekammern vor, die von der großen Mehrheit der EPO-Mitgliedstaaten genehmigt wurde. Der Beschluss dieser Reform durch den Verwaltungsrat der EPO war ein Meilenstein für das EPA und seine Nutzer, nachdem zwei frühere Reformanläufe 1995 und 2004 gescheitert waren. Die Reform erfolgte im geltenden Rechtsrahmen, ohne dass eine Revision des Europäischen Patentübereinkommens erforderlich war.

Eine substanzielle Reform

Boards of appeal reform 1Die Beschwerdekammern sind zuständig für die Prüfung von Beschwerden gegen Entscheidungen der Eingangsstelle, der Prüfungs- und der Einspruchsabteilungen sowie der Rechtsabteilung des EPA in Bezug auf europäische Patentanmeldungen und Patente. Im Sinne einer Stärkung ihrer Rolle zielt die Reform darauf ab, die managementbezogene Autonomie der Beschwerdekammern zu stärken, die Wahrnehmung ihrer Unabhängigkeit zu verbessern und ihre Effizienz zu erhöhen.

Zu diesem Zweck wurden die Beschwerdekammern als separate Einheit innerhalb des EPA - die sogenannte Beschwerdekammereinheit - neu organisiert. Geleitet wird diese neue Einheit vom Präsidenten der Beschwerdekammern - eine neu geschaffene Position -, der hierarchisch unabhängig vom Präsidenten des Amts und nur dem Verwaltungsrat rechenschaftspflichtig ist. Ein neues nachgeordnetes Organ des Verwaltungsrats, der Beschwerdekammerausschuss, wird als Schnittstelle zwischen den Beschwerdekammern und dem Verwaltungsrat fungieren. Seine Hauptfunktion besteht darin, den Präsidenten der Beschwerdekammern in Fragen des Managements und der Organisation zu beraten. Der Ausschuss ist auch dafür zuständig, die Verfahrensordnungen der Beschwerdekammern und der Großen Beschwerdekammer zu genehmigen.

Erster Präsident der Beschwerdekammern ernannt

Im Dezember 2016 ernannte der Verwaltungsrat Carl Josefsson mit Wirkung vom 1. März 2017 zum ersten Präsidenten der Beschwerdekammern. Der neue Präsident wird auch als Vorsitzender der Großen Beschwerdekammer tätig sein. Als Präsident der Beschwerdekammern wird er nach einer Übertragung von Befugnissen durch den Amtspräsidenten vollumfänglich für die Verwaltung und Leitung der Beschwerdekammereinheit und ihrer Mitarbeiter zuständig sein.

Vorteile für die Nutzer

Während des Reformprozesses wurden mehrfach von Nutzern Bedenken in Bezug auf Pünktlichkeit, Vorhersehbarkeit und Kohärenz des Beschwerdeverfahrens geäußert. Ein Problem ist die hohe Zahl anhängiger Beschwerdeverfahren, die sich in den letzten zehn Jahren angesammelt haben.

Eine der Hauptaufgaben des Präsidenten wird deshalb sein, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Effizienz der Kammern zu steigern, die Bearbeitungsrückstände abzubauen und damit die Rechtssicherheit für die Nutzer zu erhöhen. Bei der Überprüfung des Beschwerdeverfahrens wird es vor allem um eine Revision der Verfahrensordnung gehen, um eine effizientere und kohärentere Verfahrensführung zu ermöglichen. Die Nutzer werden in Form von Nutzerkonsultationen an diesem Prozess beteiligt sein. Deshalb wird die Reform insgesamt nicht nur die Unabhängigkeit der Kammern stärken, sondern auch deutliche Verbesserungen für die Nutzer mit sich bringen. Außerdem wird damit ein Prozess der Qualitätsprüfung ausgelöst, mit dem sichergestellt wird, dass klare, kohärente und pünktliche Entscheidungen ergehen.

Ein neuer Standort

Boards of appeal reform 2Um die Wahrnehmung der Unabhängigkeit weiter zu stärken, werden die Beschwerdekammern auch physisch von den administrativen Bereichen des EPA getrennt. Im Dezember 2016 wurde ein Mietvertrag für ein Bürogebäude in Haar (Landkreis München) unterzeichnet. Der Umzug in das neue Gebäude soll im zweiten Halbjahr 2017 stattfinden. Mit 240 Arbeitsplätzen und der nötigen Ausstattung für ein Gericht bietet das neue Gebäude auf einer Fläche von 11 000 m2 ausreichend Platz.

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