Eine neue Technologieära, deren Merkmal der digitale Wandel ist, nimmt rasch an Fahrt auf - sie wird häufig als Vierte Industrielle Revolution (4IR oder Industrie 4.0) bezeichnet. Angetrieben vom aufkommenden Internet der Dinge umfasst Industrie 4.0 auch eine Reihe anderer Technologien wie Cloud Computing und Künstliche Intelligenz (KI) und ermöglicht es, das Potenzial smarter Objekte in den meisten Wirtschaftszweigen voll auszuschöpfen. Wirtschaft, Industrie, Analysten, Entscheidungsträger und viele andere fangen gerade an, die Eigenschaften sowie die Herausforderungen und Möglichkeiten, die diese Revolution bietet, genauer zu erörtern. Da Industrie 4.0 vor allem vom technischen Fortschritt und damit von patentierten Erfindungen angetrieben wird, verfügt das EPA über einzigartige Einsichten in ihre Entwicklung.
Als weltweit wichtigster Anbieter von Patentinformation ist das EPA gut positioniert, das Entstehen von 4IR-Technologien zu verfolgen. Wir haben einen wichtigen Technologietrend bekannt gemacht, der von den Nutzern des europäischen Patentsystems und der breiteren Öffentlichkeit auf zahlreichen Gebieten der Technik zu beobachten ist. Letzten Dezember haben wir in Zusammenarbeit mit dem Handelsblatt Research Institute unsere erste Studie zu Patenten in diesem Bereich veröffentlicht.
Die Studie "Patente
und die Vierte Industrielle Revolution" stellte fest, dass die Zahl
der Patentanmeldungen in den letzten drei Jahren zwar kontinuierlich zugenommen
hat, der Bereich der 4IR-Technologien andere Gebiete aber deutlich überholt hat
und einen Anstieg von 54 % verzeichnen konnte.
Allein 2016 wurden beim EPA über 5 000 Patentanmeldungen zu Erfindungen rund um autonome Objekte eingereicht. Bisher stammen die meisten dieser Patentanmeldungen aus dem Bereich Konnektivität und den Anwendungsbereichen Persönlicher Bereich (z. B. smarte tragbare medizinische Geräte) und Unternehmen (z. B. automatisierte Bestandsführung), während die Gebiete 3D (56 %), Künstliche Intelligenz (43 %) und Benutzerschnittstellen (43 %) am schnellsten wachsen.
Beleuchtet werden in der Studie sowohl die führenden Patentanmelder in
Sachen Industrie 4.0 als auch die Herkunftsregionen der beim EPA
eingereichten Anmeldungen. 2016 waren Europa, die USA und Japan die wichtigsten
Innovationszentren, die Zahl der Erfindungen aus der Republik Korea und aus
China wächst aber schnell. In Europa liegen Deutschland und Frankreich bei der
4IR-Innovation an der Spitze, wobei sich ihre Stärken ergänzen. Deutschland
sticht bei den Anwendungsbereichen Fahrzeuge, Infrastruktur und Fertigung
hervor, während Frankreich bei Enabling-Technologien wie Künstlicher
Intelligenz, Sicherheit, Benutzerschnittstellen und 3D-Systemen führend ist.
Der Großraum Paris (Île de France) und der Großraum München (Oberbayern) sind
die in Europa führenden Regionen für 4IR-Technologien.
Unternehmen aus Asien sind unter den 25 Unternehmen mit den meisten 4IR-Anmeldungen gut vertreten; zwischen 2011 und 2016 haben sie 46 % aller Anmeldungen in diesem Bereich beim EPA eingereicht. Von den 25 Top-Anmeldern stammen zwölf aus Asien, davon sieben aus Japan, drei aus China und zwei aus der Republik Korea. Die Zahl der Erfindungen aus der Republik Korea und aus China ist in den letzten Jahren schneller gewachsen als die aus anderen Regionen.
Das EPA reagiert auf diese Entwicklungen, um sicherzustellen, dass
Erfinder unabhängig vom Gebiet der Technik auf höchste Qualität bei Patenten
und Diensten vertrauen können. Es verfügt über eine gut etablierte Praxis für
die Prüfung von Patenten im Bereich computerimplementierte Erfindungen, und mit
regelmäßigen Verbesserungen unserer Richtlinien wird für ein einheitliches,
harmonisiertes Verfahren gesorgt. Die Patentprüfer des EPA arbeiten bei der
Prüfung in "Abteilungen" aus drei Mitgliedern, die bereits jetzt
zahlreiche technische Gebiete abdecken können. Dies ist nun umso wichtiger, als
Erfindungen zunehmend multidisziplinär sind und die Informations- und
Kommunikationstechnologie (IKT) so viele andere Gebiete durchdringt. Das EPA
hat gerade eine bedeutende Umstrukturierung vorgenommen, um
sicherzustellen, dass seine Struktur den Änderungen auf den sich rasch
weiterentwickelnden Gebieten IKT, computerimplementierte Erfindungen und
Industrie 4.0 Rechnung trägt. Der IKT-Bereich umfasst nun rund
2 000 Mitarbeiter. Das EPA hat bereits begonnen, einige der neuesten
Technologien zu nutzen, die in Industrie 4.0 eine wesentliche Rolle
spielen. Unser Dienst für die maschinelle Übersetzung Patent
Translate beispielsweise hat ein früher unvorstellbares Niveau von Genauigkeit
erreicht, das auf die Anwendung der neuesten Technologie der neuronalen maschinellen
Übersetzung zurückzuführen ist.