2017 haben sich unsere Zusammenarbeitsaktivitäten dynamisch entwickelt - auf bilateraler und auf multilateraler Ebene. Das markante Wachstum der weltweiten Nachfrage nach Patenten und die Herausforderungen, die das für die IP-Ämter mit sich bringt, hatten großen Einfluss auf die Zusammenarbeit mit den nationalen Patentämtern unserer Mitgliedstaaten und anderen Partnern auf der ganzen Welt. In Europa setzten wir weiter auf enge Beziehungen zu den nationalen Ämtern, beispielsweise mit der Erneuerung der bilateralen Abkommen mit Frankreich, Lettland und Litauen zur Unterstützung von Automatisierungsprojekten und Schulungen von Fachleuten, mit denen den Bedürfnissen der lokalen Unternehmen besser entsprochen werden kann.
Außerhalb Europas konzentrierte sich die Zusammenarbeit auf drei
Bereiche: erstens die Arbeiten im Rahmen der "Trilateralen" (EPA,
Japan, USA) und die in Zusammenarbeit mit unseren IP5-Partnern (China, Japan, Südkorea und
USA) durchgeführten Projekte; zweitens die bilaterale Zusammenarbeit mit
Ländern wie China, Argentinien und Brasilien und drittens das wachsende
Interesse von Ländern außerhalb unserer Organisation an einer Anerkennung
europäischer Patente auf ihrem Hoheitsgebiet durch den Abschluss von Validierungsabkommen
mit der EPO.
Bei unserer multilateralen Zusammenarbeit haben wir Bilanz gezogen und überlegt, wie diese weiterentwickelt werden kann. Die dreiseitige Zusammenarbeit mit den Patentämtern Japans und der USA begann vor 35 Jahren; dabei wurde Pionierarbeit beim Datenaustausch und bei der Definition globaler Standards geleistet, die den Erfolg des internationalen Patentsystems durch regionenübergreifende Patentanmeldungen ermöglicht haben. Nachdem sich China und Südkorea dieser Arbeit angeschlossen hatten, beschlossen die fünf größten IP-Ämter (IP5) 2007, ein Forum für die Zusammenarbeit zu schaffen, um auf die Herausforderungen der wachsenden Globalisierung effektiv reagieren zu können; dieses gilt nun als das anerkannte Forum für die Entwicklung von Initiativen zur Arbeitsteilung und zur Straffung von Verfahren, um unnötige Doppelarbeit bei den Ämtern zu vermeiden. Bei vielen Projekten nimmt das EPA eine führende Rolle ein. In jüngster Zeit wurde die Zusammenarbeit im Rahmen der IP5 auf Initiative des EPA auf die Nutzer des Patentsystems ausgeweitet und hat sich damit als eine Plattform für den Dialog darüber etabliert, wie sich die Patentierung über verschiedene Regionen hinweg verbessern lässt.
Anlässlich des zehnjährigen
Jubiläums ihrer Zusammenarbeit im Jahr 2017 vereinbarten die IP5-Ämter,
ihre Praktiken und Verfahren weiter zu harmonisieren und zu diesem Zweck im
Rahmen des Vertrags über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des
Patentwesens (PCT) ein Pilotprojekt zur "Zusammenarbeit bei Recherche und
Prüfung" auf den Weg zu bringen. Aus den Regionen der IP5-Ämter stammen
rund 80 % aller Patentanmeldungen weltweit, von denen viele parallel bei
mindestens zwei der fünf Ämter eingereicht werden, und diese Anmeldungen sind
Grundlage für 95 % aller Arbeiten im Rahmen des PCT. Eine Priorität ist
deshalb die weitere Verbesserung gemeinsamer Tools und Dienste wie etwa der Globalen
Akte, mit der direkt über unsere Website kostenlos die Akten von
Patentanmeldungen eingesehen werden können, die bei einem der IP5-Ämter
eingereicht wurden.
Unsere zweiseitigen Beziehungen zu China erreichten im November 2017 einen neuen Höhepunkt, als wir mit dem staatlichen Amt für geistiges Eigentum der Volksrepublik China (SIPO) ein umfassendes strategisches Partnerschaftsabkommen unterzeichneten. Dieses Abkommen stärkt die seit mehr als 30 Jahren bestehende Zusammenarbeit und ist das erste seiner Art, das vom EPA bzw. vom SIPO mit einem anderen Patentamt geschlossen wurde. Die strategische Zusammenarbeit mit China ist wesentlicher Bestandteil der Politik des EPA, das internationale Patentsystem durch die Förderung qualitativ hochwertiger Patente zu stärken.
Mit dem gleichen Ziel haben wir auch unseren Dialog mit Partnern in
anderen Regionen, insbesondere in Lateinamerika, vertieft. Wir haben eine
Zusammenarbeit mit Argentinien eingeleitet, um das
Land bei der Modernisierung seines Patentsystems zu unterstützen. Im Rahmen
dieser Zusammenarbeit wird Argentinien ab 2019 die Gemeinsame
Patentklassifikation einführen, die bereits vom EPA und rund 25 anderen
Patentämtern weltweit genutzt wird. Außerdem haben wir als erstes Patentamt aus
Europa ein Abkommen mit Brasilien
geschlossen,
in dem es um das beschleunigte Erteilungsverfahren (Patent Prosecution Highway)
für parallel in beiden Ämtern anhängige Patentanmeldungen geht. Ähnliche
Abkommen wurden auch mit Russland, Malaysia, den Philippinen und dem Eurasischen
Patentamt geschlossen, sodass es nun 15 solcher Pilotprogramme gibt.
Unsere dynamischen zweiseitigen Beziehungen waren aber nicht auf PPH-Abkommen beschränkt. Immer mehr Länder entscheiden sich für die Möglichkeit, ein Validierungsabkommen mit der EPO zu unterzeichnen, um sich Zugang zu einem qualitätsbasierten Patentsystem zu verschaffen. Nach den Abkommen mit Marokko und der Republik Moldau trat 2017 ein Abkommen mit Tunesien in Kraft. Mit Kambodscha unterzeichnete der erste ASEAN-Staat und eine schnell wachsende Volkswirtschaft ein solches Abkommen zur Anerkennung europäischer Patentanmeldungen und Patente auf dem eigenen Hoheitsgebiet, das am 1. März 2018 in Kraft trat. Somit kann auf der Grundlage einer einzigen europäischen Patentanmeldung ein europäisches Patent für 44 Staaten erteilt werden, die zusammen einen Markt von rund 700 Millionen Einwohnern umfassen. Derzeit laufen entsprechende Verhandlungen mit Georgien, der Demokratischen Volksrepublik Laos und Brunei Darussalam sowie mit der Afrikanischen Organisation für geistiges Eigentum (OAPI) und Angola. Andere Länder in Asien haben ebenfalls ihr Interesse an einem Validierungsabkommen mit der EPO bekundet.
Wir haben auch unsere im Rahmen des Vertrags über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens (PCT) angebotenen Dienste weiter verbessert; der PCT wird zunehmend von Anmeldern genutzt, die weltweiten Patentschutz anstreben. 2017 gingen rund 60 % aller Patentanmeldungen beim EPA über diesen Weg ein, und das EPA erstellte 34 % aller internationalen Recherchen berichte und 64 % aller internationalen vorläufigen Prüfungsberichte weltweit. Um das PCT-System für Nutzer attraktiver und für die Ämter effizienter zu gestalten, übernahm das EPA - in enger Zusammenarbeit mit der Weltorganisation für geistiges Eigentum, den IP5-Ämtern und anderen Patentämtern - in mehreren wichtigen Projekten die Führung, darunter das PCT-Pilotprojekt Zusammenarbeit bei Recherche und Prüfung, das System zur Verrechnung der PCT-Gebühren und die Überprüfung des PCT-Mindestprüfstoffs.