Kleine und mittlere Unternehmen sind eine Stütze der europäischen Wirtschaft und für Wirtschaftswachstum, Innovation und Schaffung von Arbeitsplätzen in ganz Europa von großer Bedeutung. Damit Unternehmen aber Erfolg haben können, brauchen sie die richtige Innovationsumgebung. Das EPA trägt dazu bei, indem es starke Patente erteilt und die veröffentlichten Patentinformationen zugänglich macht. Außerdem haben wir 2017 eine Reihe von Studien erstellt, um KMU für die Auswirkungen geistiger Eigentumsrechte zu sensibilisieren und sie darin zu schulen, diese wirksam einzusetzen.
Im September 2017 haben wir eine Reihe von 12 Fallstudien zu europäischen KMU
veröffentlicht, in denen die verschiedenen Möglichkeiten erläutert werden, wie
Patentschutz von Unternehmen eingesetzt werden kann. Die Studien stellen auf
der Grundlage von ausführlichen Interviews mit Führungskräften KMU aus
11 europäischen Ländern vor. Die KMU vertreten ein breites
Branchenspektrum von der Medizintechnik und der Biotechnologie über die
Informations- und Kommunikationstechnologie bis hin zur Energieerzeugung und
zum Umweltschutz. Sie umfassen Start-ups und Spin-offs von Universitäten in
verschiedenen Entwicklungsphasen sowie traditionellere familiengeführte
Unternehmen, deren Geschäftsmodelle auf patentierten Erfindungen basieren und
die verschiedene Vermarktungswege gehen.
Die Studien zeigen, dass Patente für kleinere Unternehmen ein Sprungbrett zum Erfolg sein und ihnen zum geschäftlichen Durchbruch verhelfen können, insbesondere im Hinblick auf den Zugang zu Finanzmitteln - einem der dringendsten Probleme für viele kleine Unternehmen.
Jede Studie enthält einige Punkte, die hervorheben,
welche Faktoren zum Erfolg von IP-Strategien und IP-Management beigetragen
haben. Dazu gehören das Potenzial, die Rückmeldungen von Kunden für die
Entwicklung von Innovationen zu nutzen, sowie regelmäßige Treffen zwischen
internen IP-Experten und dem Management. Die Studien belegen, wie leicht
zugängliche Patentinformationen es Unternehmen ermöglichen, Recherchen zum
Stand der Technik, zum jeweiligen Freedom-to-Operate und zur
Wettbewerbslandschaft für bestimmte Patente durchzuführen. Sie betonen auch,
dass es vorteilhaft ist, durch Schulungen das ganze Unternehmen für IP zu
sensibilisieren. Die Europäische Patentakademie verwendet die Fallstudien für
eine Reihe von Schulungsmaßnahmen zur Unterstützung von KMU und ihren Beratern
in ganz Europa.
Die in den Fallstudien vorgestellten Unternehmen äußern sich auch zu ihren Erwartungen an das künftige Einheitspatent und das Einheitliche Patentgericht, darunter Zeit- und Kostenersparnis und größere Rechtssicherheit im gesamten EU-Binnenmarkt.
Mit dem Ziel, die vorgenannten Vorteile zu quantifizieren, veröffentlichte das EPA im Oktober 2017 eine Studie, die sich mit den potenziellen Auswirkungen einer größeren Harmonisierung des Patentschutzes in der EU auf die europäische Wirtschaft befasst.
Die Studie Patente, Handel und ausländische Diektinvestitionen in der EU wurde von einem Team von Volkswirten des EPA, der University of Colorado Boulder und der London School of Economics durchgeführt. Darin wurde festgestellt, dass eine größere Harmonisierung des Patentschutzes in der EU den Technologietransfer durch mehr Handel und ausländische Direktinvestitionen (ADI) deutlich vorantreiben könnte. Eine stärkere Harmonisierung des Patentsystems in Europa hat demnach das Potenzial, Handel und ADI in Hightech-Branchen in der EU um bis zu 2 % bzw. 15 % zu erhöhen, was jährlichen Zuwächsen von 14,6 Mrd. EUR beim Handel bzw. 1,8 Mrd. EUR bei ADI entsprechen würde.
Der Studie zufolge wird der durchaus vorhandene positive Einfluss von Patenten auf Handel und ADI in Europa bislang durch das Fehlen eines wirklich unbeschränkten EU-weiten Patentschutzes gehemmt. Bis jetzt sehen sich Unternehmen nach der Erteilung eines Patents durch das EPA immer noch einem fragmentierten System gegenüber. Dazu gehören nationale Gebühren für Validierung und Aufrechterhaltung in jedem Land, in dem Schutz angestrebt wird. Zudem fällt der nationale Patentschutz häufig ungleich aus, was zu parallelen Gerichtsverfahren mit potenziell unterschiedlichem Ausgang führen kann.
Das Einheitspatent wird diese Einschränkungen überwinden. Es wird die Gesamtkosten drastisch senken und damit besonders für KMU, Hochschulen und Forschungszentren den Zugang zum europäischen Technologiemarkt erleichtern.